Konzert für Blockflöte, Streicher und Basso continuo C-Dur, RV 443

Antonio Vivaldi
Dauer: 12'

Während die Querflöte in Frankreich bereits im 17. Jahrhundert eine Blütezeit erlebte, waren in Italien Werke, die ausdrücklich für die Traversflöte geschrieben wurden, laut dem Musikschriftsteller Charles Burney noch um 1773 „sehr rar“. Antonio Vivaldi, selbst ausgebildeter Geiger, war der erste italienische Komponist, der die spieltechnischen Möglichkeiten der Querflöte gezielt einzusetzen wusste. Vermutlich lernte er das Instrument zumindest indirekt durch Johann Joachim Quantz kennen, der 1724 in Rom und 1726 in Venedig weilte. Auch wenn ein persönliches Treffen mit Vivaldi nicht belegt ist, hatte Quantz offenbar Einfluss auf die Entwicklung am Ospedale della Pietà, dem venezianischen Mädchenwaisenhaus, an dem Vivaldi von 1703 bis 1740 – mit Unterbrechungen – tätig war. So wurde Ignazio Siber, zuvor als „maestro di aboè“ bezeichnet, Ende der 1720er-Jahre zusätzlich zum Querflötenlehrer ernannt.

Dennoch herrscht in der Forschung keine vollständige Einigkeit darüber, ob Vivaldi in seinen bereits um 1720 entstandenen Concerti für Kammerensemble, in denen eine Flöte beteiligt ist, stets die Blockflöte meinte – oder ob er die Querflöte nicht vielleicht doch schon früher kannte, möglicherweise durch den Einfluss der französischen Oper. Auch in anderer Hinsicht gestaltet sich der Überblick über Vivaldis Flötenkonzerte als ein durchaus komplexes Unterfangen. Das liegt weniger daran, dass er für alle drei im frühen 18. Jahrhundert gebräuchlichen Flötenarten – 13 Konzerte für Traversflöte, zwei für Altblockflöte und drei für das sogenannte Flautino – Werke hinterließ, sondern vielmehr an der Tatsache, dass viele dieser Kompositionen in unterschiedlichen Fassungen überliefert sind. So handelt es sich bei nahezu allen jener sechs Konzerte, die 1729 unter dem Titel VI Concerti a Flauto Traverso im Druck erschienen, um Bearbeitungen ursprünglich für Violine geschriebener Werke. Darüber hinaus sind mehr als 30 Konzerte bekannt, in denen die Flöte Teil eines aus mehreren Soloinstrumenten bestehenden Konzertierens ist.


Was das von Vivaldi als „Flautino“ bezeichnete Instrument betrifft, so handelt es sich möglicherweise um eine Sopranino-Blockflöte mit einem Tonumfang, der von der zweigestrichenen bis zur Mitte der viergestrichenen Oktave reicht. Im Eröffnungssatz des Concerto C-Dur RV 443 entfaltet sich sogleich ein Spiel der Imitation zwischen dem Soloinstrument und der zweiten Violine. Der langsame Mittelsatz besticht durch eine besondere Klangwirkung: In der Tonart e-Moll gestaltet sich das Spiel auf einem F-Flautino technisch anspruchsvoll, was einen gedämpften, beinahe introspektiven Charakter hervorruft – ein deutlicher Kontrast zu den virtuosen Ecksätzen.

Der Finalsatz präsentiert sich als exemplarisches Modell einer Ritornellform, deren strukturelles Gerüst noch weit über das 18. Jahrhundert hinaus – bis in die Konzerte des 19. und 20. Jahrhunderts – stilbildend wirkte. Das vom Ensemble gespielte Tutti-Ritornell markiert die formgebenden Eckpunkte: Es bleibt thematisch konstant und ist tonartlich fest verankert, darf transponiert werden, ohne dabei die Grundtonart des jeweiligen Abschnitts zu verlassen. Dem gegenüber stehen die Soli, in denen Vivaldi nicht nur neues musikalisches Material einführt, sondern auch in entfernte Tonarten moduliert – ein klanglich wie formal reizvoller Kontrast, der dem Werk zusätzliche Spannung verleiht.






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